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Wie kann man die Herausforderung des Zen in Bezug auf die Dualität „Eines und Nicht-Eines“ in der Alltagsrealität verwirklichen?

MoonHee beantwortet hier Fragen des alltäglichen Lebens oder Fragen, die ihr schon immer einmal stellen wolltet. In ihrem ersten Beitrag „Wie geht es dir heute? Danke, gut!“  findet ihr mehr Informationen dazu.

Antwort MoonHee:

Meister Zhuangzi schrieb: „Was eines ist, ist eines. Was nicht-eines ist, ist ebenfalls eines.“ Alle mystischen Traditionen, ganz gleich, welche Namen sie tragen, sind sich einig: Das Eine ohne ein Zweites (Nichtdualität) kann weder benannt noch erfasst werden. Denn denken wir Eins, so denken wir, wenn auch unbewusst und ungewollt, immer auch Zwei. Wo das Eine ist, da ist auch Anderes. Alles, was ist, hat seinen Gegenpol. Da können wir noch so viel meditieren, an dieser Tatsache können wir nichts ändern.

Sicherlich strebt der spirituelle Mensch nach der Einheit allen Seins. Dafür muss alle Zweiheit überwunden werden. Doch niemals kann Einheit durch Spaltung oder Trennung erreicht werden. Das ist verständlich. Aber dennoch versuchen wir es – wir klammern uns an das Eine, neigen dazu es zu erhöhen und lehnen das Andere ab. Sehr oft wird das Eine, die Nichtdualität, als etwas Heiliges, als dem Alltag Enthobenes, verstanden. Spiritualität, allerdings richtig verstanden, gehört wie die Dualität zu unserer Alltagsrealität. Das Eine und das Nicht-Eine gehören zusammen und bestimmen in ihrer Gemeinschaftlichkeit unser Leben. In der Nicht-Dualität wird die Dualität nicht negiert, vielmehr wird sie im allumfassende Einen in ein Größeres überführt. Das Eine ist ja gerade das Eine, weil es alles einschließt und nichts ausschließt. Im Gegensatz zum Nicht-Einen ist das Eine ein dynamisches offenes Prinzip. Hier wird alles angenommen, wie es ist. 

Zen

Das Zusammenspiel von Einem und Nicht-Einem zeigt sich im Alltag durch vollkommene Annahme. Das heißt nicht, dass wir zu allem Ja und Amen sagen müssen, vielmehr bedeutet es, dass wir die Dinge so sehen, wie sie sind, und nicht, wie WIR sie gerne hätten. Das führt dazu, dass wir Dingen, Ereignissen und Schwierigkeiten nicht mehr Bedeutung beimessen als nötig. Ein herausstechendes Merkmal des Zen ist, dass er so wunderbar pragmatisch ist. Nicht morgen oder anders, sondern so, wie die Dinge jetzt und hier eben sind.

Das Wunder des Bankei

Bankei eröffnete eine Zen-Schule, nicht weit entfernt von einer anderen buddhistischen Schule. Nach ein paar Wochen begannen viele Schüler der anderen Schule an Bankeis Vorlesungen teilzunehmen. Eines Tages wandte sich der Meister der anderen Schule an Bankei, der mitten in einer Vorlesung war. Der andere Meister beschimpfte die Schüler, die seine Schule verlassen hatten und zu Bankei gewechselt waren, und pries die Vorzüge seiner Schule: Sein Lehrer könne Wunder vollbringen. Er könne auf dem Wasser gehen und seinen Namen über einen Fluss hinweg schreiben. Bankei antwortete: „Mein Wunder ist folgendes: Wenn ich hungrig bin, esse ich; wenn ich müde bin, schlafe ich.“

Das Wunder des Einen und Nicht-Einen ist kein Geheimnis – es vollzieht sich überall dort, wo wir einfach sind. Wenn wir sitzen, stehen, essen, trinken, lachen, reden, aufs Klo gehen, schlafen usw., also im Hier und Jetzt sind – ohne daraus eine Geschichte zu machen, erfahren wir das tägliche Wunder des Einsseins. Der Zen besticht durch seine Geradlinigkeit und seine durch und durch praktische Art. „Guten Morgen, wie geht es dir heute?“ „Danke, gut.“ „Bitte eine Tasse Tee.“1 In der Einfachheit unseres Seins gibt es weder Eines noch Nicht-Eines.

1Daisetz T. Suzuki Die große Befreiung. Einführung in den Zen-Buddhismus, Frankfurt am Main 2005, 118.

Weitere Fragen & Antworten von MoonHee Fischer finden Sie hier.

Sie haben eine Frage? Schreiben Sie an m.fischer@ursachewirkung.com

Bilder Teaser und Text© Pexel
Bild Header © Sigurd Döppel 

Dr. phil. MoonHee Fischer

Dr. phil. MoonHee Fischer

„Was eines ist, ist eines. Was nicht eines ist, ist ebenfalls eines.“ (Zhuangzi) Jenseits eines dualistischen Denkens, im Nichtgeist, gibt es weder das Eine noch ein Anderes. Wo das Eine sich von einem Zweiten abgrenzt, ist keine Einheit, sondern Zweiheit. Die Erfah-rung des Einen – ich bin al...
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