nayphimsex

Content

Hier finden Sie einen Auszug von "Rendezvous mit dem Daoismus" von Hans-Günter Wagner, aus Ursache\Wirkung № 125: „Geist & Gehirn".

Der Buddhismus hat im Westen seine Verbreitung und Akzeptanz gefunden. Andere asiatische Weisheitslehren sind dagegen eher unbekannt. Mit Blick auf den Daoismus ist das sehr schade, denn auch seine Lehren sind interessant, hilfreich für das Leben und voll tiefer Weisheit.

Als ich in China lebte und einmal gemeinsam mit einer alten Buddhistin in Beijing den Tempel der weißen Wolken, eine bekannte daoistische Religionsstätte, besuchte, verneigte sich die alte Dame vor den Statuen des Jadekaisers und des Reichtumsgotts mit der gleichen Inbrunst, wie sie es sonst vor dem Jadebuddha oder der Guanyin im buddhistischen Guangji-Tempel tat.

Ihre Eltern seien zwar Buddhisten, erklärte sie mir, ihre Großmutter aber eine gläubige Daoistin gewesen, und so sei sie heute einfach beides. Die Frau ist kein Einzelfall. Die Volksreligion in China sowie in anderen asiatischen Ländern stützt sich auf Bräuche, Riten und Überlieferungen, aber sie kennt keine Dogmen.

Als der Buddhismus in den Westen kam, insbesondere seine japanischen und tibetischen Formationen, etablierte sich unter westlichen Menschen die Vorstellung eines exklusiven Heilspfads mit hochverwirklichten Meistern. Ihre charismatische Kompetenz sollte einen schließlich zur Erleuchtung führen, wenn man es denn an gläubiger Devotion bloß nicht mangeln lässt.

Immer wieder hört man viel Positives von Menschen, die auf diesem Weg ganz Wunderbares erlebten. Aber es gibt auch Schattenseiten: große Enttäuschungen sowie Missbrauch durch sexgierige und gewalttätige Lamas und Roshis. Die bedingungslose Hingabe an einen spirituellen Meister ist zwar ein in Asien sehr verbreitetes Phänomen, aber längst nicht alle religiösen Menschen dort schauen so naiv und ehrfurchtsvoll auf die „großen Ehrwürdigen“ wie viele Neukonvertierte im
Westen. Stattdessen trifft man überall auf einen ausgeprägten volksreligiösen Heilspragmatismus.

Als der Buddhismus um die Zeitenwende über die Seidenstraße und auch auf dem Seeweg von Indien nach China kam, hielt man ihn dort zunächst für nichts weiter als eine neue daoistische Meditationsschule, eine indische „Lehre vom Dao“ sozusagen. Das Wort „Dao“ hat im Chinesischen mehrere Bedeutungen, eine davon ist „Weg“, eine andere „das Höchste“.

Die Menschen sahen das Neue im Licht des Vertrauten. So wie die heimischen Daoisten hatten auch die Buddhisten spezielle Techniken der geistigen Übung. Sie lehrten Ethik und Achtsamkeit im alltäglichen Leben und präsentierten mit dem Buddha einen charismatischen Religionsstifter, gleich dem heimischen, in späteren Jahrhunderten vergöttlichten Laozi.

Im Lauf der Zeit zeigten sich durch das intensivere Studium der Dharma-Lehren und zunehmende Vertrautheit mit der Praxis der buddhistischen Meditation die Unterschiede zum angestammten Daoismus immer deutlicher. Begriffe wie „Nirvana“ oder „Shunyata“ übersetzte man nun nicht mehr mit „Dao“ ins Chinesische. Es folgte eine Periode wechselseitigen Lernens.

Daoismus

Inspiriert vom Modell der buddhistischen Drei Körbe, einer systematischen Zusammenstellung von Texten, gingen jetzt erstmals die Daoisten daran, einen eigenen Kanon all ihrer Werke zu erstellen. Sie gliederten ihn in „Drei Höhlen“ und nannten ihn Daozang.

Auch die buddhistischen Drei Juwelen: Buddha, Dharma, die Lehre, und Sangha, die Ordensgemeinschaft, haben im Daoismus ihre Entsprechungen gefunden, unter anderem in Form des Dreigespanns von Dao, den Schriften und den (Himmels-)Meistern, manchmal auch in Form der drei Schätze der Kultivierung: Essenz, Qi und Geist.

 

Den ganzen Artikel finden Sie hier:


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung № 125: „Geist & Gehirn"

Bildschirmfoto 2023 08 24 um 08.41.20


Hans-Günter Wagner ist ein traditionsübergreifender Buddhist. Er war fünfzehn Jahre in China beruflich tätig und studierte dort den chinesischen Buddhismus. Heute ist er Chinesisch-Lehrer und Übersetzer buddhistischer Prosa- und Lyrikwerke.

Dr. Hans-Günter Wagner

Dr. Hans-Günter Wagner

Hans-Günter Wagner ist ein traditionsübergreifender Buddhist. Er war fünfzehn Jahre in China beruflich tätig und studierte dort den chinesischen Buddhismus. Heute ist er Chinesisch-Lehrer und Übersetzer buddhistischer Prosa- und Lyrikwerke.