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Im Grunde habe ich diese erst gelernt, als ich mich zu einer Ausbildung im Gruppenleiten angemeldet hatte, die den Namen „Themenzentrierte Interaktion“ hatte.

Wir lernten schnell, dass Trauer wie andere Gefühle, Gefühlszustände oder Geisteszustände zu unserem täglichen Leben gehören, auch wenn wir sie nicht wahrnehmen. Es hat Jahre gedauert zu begreifen, dass wir von uns selber entfremdet oder mit uns gut verbunden, ja „intim“ sein können mit dem, was in uns lebendig ist. Eine kontemplative Praxis wie Schreiben, Meditieren oder Alleine-Spazierengehen kann uns dabei behilflich sein, uns mit unserer Wahrheit zu verbinden.

Wie geschickt und geübt wir in dieser Kunst sind, hängt nicht nur von uns alleine ab. In einer Gesellschaft, die schnelllebig ist, kurzfristige Ziele verfolgt und verfolgen hilft, in der Schnelligkeit, messbare Effektivität, äußerlicher Wohlstand hoch im Kurs stehen, ist es nicht leicht, gegenzusteuern. Eine ganze Reihe von Gefühlen, die uns zum Menschen machen und immer wieder in unsere Ganzheit führen, entziehen sich solchen Vorgaben und Geschwindigkeitsräuschen. Gerade Trauer braucht andere Räume, um sich sicher genug zu fühlen, dass sie sich entfalten kann. Sie blüht in der einsamen Begegnung mit Natur und Kunst, denken wir nur daran, wie sehr wir angerührt werden durch ansprechende Filme, Musikstücke, sie blüht in intimen Freundschaften, einem wirklich nahen, geschützten Gespräch. In der Begegnung mit wahrer Liebe, auch zum Göttlichen, in der Stille, in einer Kapelle, an einem besonders uns einladenden Grab auf einem Friedhof. Beim Erleben von Schönheit und Harmonie ...

Oft will sie geweckt, eingeladen werden. In unserer Gesellschaft, unserem Kollektiv, lange auch in unseren Nachkriegsfamilien war Trauer schlichtweg etwas Abwesendes. Und dabei hätte sie so anwesend sein sollen, wenn wir an die unbeschreiblichen Verluste denken, die jeden getroffen haben. Denken wir nur an die Verluste von Sicherheit, Unversehrtheit, Träumen und Vorhaben, von Vertrauen. „Die Unfähigkeit zu trauern“ hieß ein Buch von Alexander Mitscherlich, das mir und vielen später Aufschluss gab über Gründe und Ausmaß dieser verbreiteten Amnesie.

Wir müssen aufpassen, dass wir nicht wieder in so einen halb betäubten Gefühlszustand hineinrutschen und uns darin einrichten. Kein Mensch, kein Therapeut steht an der Seite der medizinischen Experten und bringt seine Ergänzungen vor. Ergänzungen dazu, wie es uns jetzt wohl überwiegend geht und gehen wird, wie es Kindern und Alten gehen mag und gehen wird und was wir seelisch zu bewältigen haben und wahrscheinlich haben werden.
Die Kunst des TrauernsMan könnte auch sagen: spirituell. Wo es um Tod und Todesangst geht – und die muss ja groß sein, wenn man sterbenden Menschen nicht oder kaum erlauben will, körperlich nahen Beistand zu haben, sind andere Dimensionen berührt als das Materielle. Und weil es das ist, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, fühle ich mich ermüdet von den Informationen, die den Menschen wieder nicht als Ganzes erfassen und es auch nicht einmal versuchen.

Psychotherapeut*innen, Priester, Pfarrer*innen, Rabbis und Rabbinerinnen, Imane, geistliche Begleiter*innen aller denkbaren Traditionen im Fernsehen zu Hauptsendezeiten zu sehen und zu hören: Das wäre aus meiner Sicht ein Gewinn. Sendungen von Bestattungsunternehmer*innen in Bergamo ...

Wieder wird der Tod, werden Sterben und Todesangst weggesperrt und die Trauer auch.
Wir aber trauern, auch Kinder. In nur sechs Wochen hat sich so viel verändert! So viele Verluste, Einschränkungen. Ob es schon mehr Suizide gibt? Ich glaube es. Wie können wir uns und anderen helfen? Wie unsere Selbst- und Mitbestimmung wiedergewinnen? Wenn es mir irgendwie möglich ist, würde ich meine Mutter in ihren letzten Stunden begleiten wollen und dabei nicht als Monster verkleidet. Wir Menschen brauchen körperliche Nähe, Zärtlichkeit, eine Hand. Auch das sind nicht einfach nur Schwächen, sondern Grundbedürfnisse. Diese sich und anderen versagen zu müssen, gerade in schweren Zeiten, kann zu Depressionen und schweren Selbstzweifeln führen.

Wir sollten Räume zum Trauern, zum Mitteilen schwieriger Gefühle eröffnen. Und keine menschlichen Themen aussparen. vielleicht werden wir früher und anders sterben, als wir es uns vorgestellt haben. Doch leichter wird es sicherlich, wenn wir unser Leben voll gelebt haben, gemäß unseren Werten. Welches sind unsere Werte?

Lassen Sie uns miteinander reden und entsprechend handeln. Vielleicht ist noch mehr zu lernen als die Kunst des Trauerns. Zum Beispiel die Kunst des Sich-Trauens.

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Monika Winkelmann

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann, geboren 1952, Mutter einer erwachsenen Tochter, geschieden seit 2019, hat 1980 mit 28 Jahren ihr erstes Meditationswochenende in Hamburg besucht. Diese tiefgreifende Erfahrung sowie ihr Leben als Alleinerziehende der Tochter Lisa, geb. 1984,  bewirkten, dass sie viele Jahre a...
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