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Dieses große Geheimnis verbindet uns mit dem Leben. Atmen wir nicht mehr, sterben wir. Manche von uns würden so weit gehen zu sagen: Kann ich nicht mehr schreiben, sterbe ich (seelisch, emotional).

Atmen wir beim Schreiben bewusst? Nein, das glaube ich nicht. Aber wir folgen ihm, dem Atemfluss, wenn wir geübt sind, spielen, interagieren mit ihm, unser Denken und Fühlen mit ihm vereinend, bis wir, wie während einer Meditations- oder Kontemplationspraxis, wieder eins geworden sind.

Früher sprach man so, man sagte, er oder sie sei uneins mit sich. Ich meine, auch der Begriff „uneinig“ sei gefallen. Also alles, was heute unter „genervt“ und vor zwanzig Jahren unter „frustriert“ gefallen wäre. Vielleicht sprechen wir gerade von der ersten noblen Wahrheit: Leben ist leiden. Mir leuchtet seine Wirkkraft täglich mehr ein. Wir sind ihm ausgeliefert, dem Leben wie dem Tod. Ob wir geboren werden wollen, wird nicht gefragt, ob wir und wann wir sterben wollen, auch nicht. Über so vieles scheinen wir die Kontrolle zu haben: wie wir ausgebildet werden, eine passende Partnerschaft finden. Wann wir Kinder bekommen. Wie wir gesund bleiben oder wieder werden. Die Essensaufnahme und Art der Nahrung kontrollieren wir nicht gerne, wir wollen am liebsten essen, wann, was und wie viel wir wollen. Wenigstens darüber bestimmen, wenn schon sonst über fast nichts von Bedeutung. Doch! Wenn wir Geld übrig haben, können wir fast alle Bücher lesen, die wir wollen und lernen, was wir begehren. Es sei denn, wir sind arm und leben mit Pflegebedürftigen, dann ist es aus mit der Selbstbestimmung. Oder wenn wir selbst pflegebedürftig sind.

Was mir immer stärker einleuchtet, ist, dass LEBEN AN SICH Leiden ist. Ich glaube, es braucht ein ganzes Menschenleben oder mehr, um das zu begreifen und auszuloten. Wir sind so sensible Wesen, fragil und angewiesen auf Liebe und die Erfüllung von Basisbedürfnissen. Fast mag man sich wundern, dass man zu denen gehört, die bis zum heutigen Tag überlebt haben. Auf wie viele Arten hätten wir schon zu Tode kommen können? Dies ist doch das eigentlich Erschütternde! Was mache ich nun mit dieser Erschütterung, mit der Freude, der Dankbarkeit? Halte ich inne?

Atmen

Ich könnte bewusst atmen. Freude einatmen, Freude ausatmen. Das Merkwürdige ist nämlich, auch sie steht zur Verfügung, immer, diese feine, leichte Energie. Und den Atem können wir zwar nicht in umfassendem Sinne kontrollieren, aber wir können Bewusstheit kultivieren. Leidvolle Situationen lassen sich so in Gelegenheiten umwandeln, Freude einzuatmen, Freude auszuatmen – nur als Beispiel. Die Lehre geht da noch weiter und tiefer. Wir können unser Leben durch Schreiben intensivieren, uns nah sein, wieder eins werden. Eins mit den Wesen, mit der Welt. So wie gesagt wird, dass wir beim Sitzen und Üben schon erleuchtet sind, so kann man auch sagen, dass wir während des Schreibens schon erwacht sind. Erwacht reiten wir auf den Energien, von ihnen bewegt, jedoch nicht ausgeliefert.

Das ist volle Lebendigkeit, wenn wir keine Erfahrung, die uns schmerzlich berühren könnte, mehr ausschließen müssen. Ich bin noch nicht so weit. Aber ich übe. Ich lese bei Thich Nhat Hanh im Buch „Das Wunder des bewussten Atmens“, wie er das Prinzip des Einschließens auch auf unseren Körper bezieht: „Missachtet also keinen Teil, kein Organ eures Körpers. Schaut genau hin, und ihr werdet die Wirklichkeit erkennen. Das ist die Übung der Meditation.“

 

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Bilder © Unsplash 

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann, geboren 1952, Mutter einer erwachsenen Tochter, geschieden seit 2019, hat 1980 mit 28 Jahren ihr erstes Meditationswochenende in Hamburg besucht. Diese tiefgreifende Erfahrung sowie ihr Leben als Alleinerziehende der Tochter Lisa, geb. 1984,  bewirkten, dass sie viele Jahre a...
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