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„Deine erste Pflicht ist, dich selbst glücklich zu machen“, schrieb der deutsche Philosoph und Anthropologe Ludwig Feuerbach im 19. Jahrhundert. Dumm nur, dass dem Buddhismus die Kategorie „Glück“ völlig fehlt.

Wenn man wie Feuerbach der Überzeugung ist, es sei unbedingt notwendig, glücklich zu sein, wird man mit Buddhismus nicht viel anfangen können.

Warum ist Glück für Buddhisten nicht erstrebenswert? Biochemisch gesehen ist Glück ein hormoneller Zustand. Glückshormone, wie Serotonin, Dopamin oder Endorphine, sind körpereigene Drogen. Serotonin sorgt für mehr Energie, Dopamin hat ebenso motivations- und antriebssteigernde Effekte. Endorphine schließlich, die eigentlich Morphine sind, wirken schmerzlindernd und berauschend. Bei einer Achterbahnfahrt etwa ist der Endorphinspiegel im Körper erhöht.

Doch die durch diesen Hormoncocktail hergestellten Gefühlslagen lassen sich nicht aufrechterhalten. Die Hormone werden ausgeschüttet, erzeugen ein Wohlgefühl und werden vom Körper wieder abgebaut – und das sogar relativ schnell. Dann ist alles wieder grau. Ziel buddhistischer Übungen ist jedoch die dauerhafte Freiheit von dem, was uns bedrückt.

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Das Auf und Ab unseres Glückshormonspiegels ist das Glück der Glücksindustrie. Weil Glück nicht dauerhaft erzeugt werden kann, giert der Markt stets nach Nachschub glücklich machender Produkte. Das ist ein gutes Geschäft. Für die im Hamsterrad der Glücksjagd gefangenen Menschen jedoch ist dies ein großes Unglück. Egal, was sie tun, wie sehr sie sich auch bemühen, sie werden ihr Ziel, dauerhaftes Glück, nie erreichen. So versklavt uns das Glücksdiktat unserer Gesellschaft.

Buddhismus macht diesem unheilvollen Rat-race ein Ende. Er strebt durch Übung die Tugend der Gelassenheit an. Gelassenheit hat gegenüber dem Glück einen eher fragwürdigen Ruf. Gelassenheit klingt nach Gefühllosigkeit, Desinteresse, letztlich nach Lethargie, nach trägem Gegrunze auf dem Ecksofa. Zu Unrecht. Gelassenheit ist vielmehr die heilsame Mitte zwischen Euphorie und Trägheit.


Dieser Blog erschien in der Ursache\Wirkung №. 114: „Balance finden"

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Schon die antike Geistesgröße Aristoteles stellte in seiner nikomachischen Ethik fest, dass eine Tugend immer die Mitte zwischen Übermaß und Mangel bedeute. Freigebigkeit etwa sei die Mitte zwischen Geiz und Verschwendungssucht. Statt des törichten Strebens nach Glück dürfen wir uns nach seiner unterschätzten Stiefschwester Gelassenheit umsehen. Dann klappt das auch mit einem dauerhaften Wohlbefinden, das wir, an dieser Stelle nachvollziehbar, nicht „Glück“ nennen wollen. Vielleicht wählen wir dazu den Ausdruck „eudaimonía“. Mit ihm bezeichnete die Antike ein gutes Leben, das sich in einer tatkräftigen Ethik und einer unerschütterlichen Gemütsruhe ausdrückte.

Ihr Hendrik Hortz

 

Frank Hendrik Hortz, Jahrgang ‘65, im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen, Religionswissenschaftler (studierter ev. Theologe und Philosoph), Journalist und Unternehmer. Erste Meditationserfahrungen vor fast 40 Jahren, Buddhist seit etwa 10 Jahren. Herausgeber und Chefredakteur der Ursache\Wirkung.

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Hendrik Hortz

Hendrik Hortz

Frank Hendrik Hortz, Jahrgang ‘65, im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen, Religionswissenschaftler (studierter ev. Theologe und Philosoph), Journalist und Unternehmer. Erste Meditationserfahrungen vor fast 40 Jahren, Buddhist seit etwa 10 Jahren. Herausgeber und Chefredakteur der Ursache\Wirkung.
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