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Oft höre ich von Menschen, dass sie sich wundern, woher ich seit sieben Jahren die Themen für meinen Blog nehme. Ich wundere mich oft selbst, doch häufig werden sie mir vor die Nase gesetzt. Wie heute.

Meiner Morgenlektüre entnehme ich, dass Gegensätze menschengemacht sind. Meiner Klolektüre entnehme ich, dass Schubladendenken nach wie vor weitverbreitet ist. Und meiner Internetlektüre entnehme ich, dass aus diesen Grenzsetzungen ein grausamer Trend entstehen kann. Nach dreimaligem Kopfschütteln muss ich mir eingestehen: Ganz frei von Gegensatz- und Schubladendenken bin ich auch nicht. Doch der Reihe nach.

In meinem Leben bin ich immer wieder Menschen begegnet, die in Schwarz-Weiß-Kategorien gedacht haben. Glücklicherweise werden sie immer weniger, diese Menschen, die meinen Weg kreuzen. Doch ungeachtet dieser Tatsache stelle ich fest, dass mich diese Kategorien einerseits langweilen, andererseits faszinieren. Fad finde ich sie dann, wenn sie die Lähmung eines Menschen dokumentieren, der unfähig ist, eine andere Perspektive einzunehmen. Und es gibt immer eine andere Perspektive, eine Gelegenheit, den Blickwinkel zu öffnen. Man muss es halt wollen und gezielt suchen. Faszinierend finde ich Schwarz-Weiß-Denken dann, wenn ich erlebe, dass manches ganz schnell erledigt ist, wenn man in Gut-und-Böse-Kategorien denkt. Allerdings setzt das natürlich voraus, dass man für sich selbst diese Kategorien definiert hat – oder sie sich von außen hat aufdrücken lassen. Da fallen Entscheidungen in Blitzgeschwindigkeit, weil der innere Trigger verlässlich in die eine oder andere Richtung ausschlägt.

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Bewertungen wie Schubladen haben einen Vorteil: Sie machen das Einordnen von Neuem relativ einfach. Einerseits sind sie eine Art Filter, damit wir nicht von Reizen überflutet werden. Und sie können natürlich auch Leben retten, beispielsweise wenn wir essbare von giftigen Pilzen unterscheiden müssen. Geschenkt. Andererseits halten sie uns auch gefangen, wenn wir uns festgelegt haben. Ein Beispiel: Man lässt die Finger von einem verheirateten Mann. Doch muss das auch stimmen, wenn die Ehe dieses Mannes nur mehr auf dem Papier besteht? Wenn die Frau die Ehe verlassen hat und ihr Ding ohne Gatten machen möchte? Wenn die beiden außer den Kindern nichts mehr gemeinsam haben? Wollte eine Frau nun selbst diesen Mann heiraten, hat sie schlechte Karten, solange dieser Mann Ehemann bleiben will. Steht ihr allerdings nur der Sinn nach einer Beziehung, könnte sie doch ganz locker die Zeit mit ihm genießen. Wenn sie denn aus der Schublade beziehungsweise der Bewertung herauskommt. Ein anderes Beispiel: Die Welt ist schlecht. Natürlich kann man zu dieser Meinung kommen, wenn man in den Medien ausschließlich Katastrophenmeldungen serviert bekommt. Wenn hier ein Flieger abstürzt, dort der Strom abgeschaltet wird und an einer ganz anderen Stelle Menschen aus Ego-Gründen übereinander herfallen. Dabei übersieht man jene guten Nachrichten, die beispielsweise davon erzählen, dass wie kürzlich vier Kinder einen Flugzeugabsturz überlebt haben, dass es im Golf von Mexiko wieder mehr Schweinswale gibt, die vom Aussterben bedroht sind, oder dass ein solargetriebenes Postschiff auf der Spree fährt. Bei einem der größten heimischen Nachrichtenanbieter habe ich übrigens heute keine einzige gute Nachricht entdeckt – und das, obwohl die Lebenszufriedenheit der österreichischen Bevölkerung laut OECD unter den Top Ten liegt.

Deshalb war es ja auch erschütternd für mich, zu erfahren, welches Verhalten junge Männer in gewissen sozialen Netzwerken gegenüber Frauen an den Tag legen. Und zwar in Videoform und höchst gewalttätig. Weil sie wiederum Frauen in eine Schublade legen und sie als pfui bewerten. Als superpfui. Als bedrohlich für die eigene Männlichkeit, die nichts anderes kennt als Brutalität. Weil sie keine Werkzeuge dafür hat, mit emanzipierten Frauen zivilisiert zu interagieren. Jetzt könnte ich mich ja auf meinem Lieblingsmantra ausruhen und sagen, dass alle nur dann aggressiv werden, wenn sie zuvor auf irgendeine Art und Weise verletzt wurden. Und das glaube ich noch immer. Doch im Moment der Gewalt hilft das wenig.

In einem Interview mit einem Psychologen, der ausschließlich mit Männern arbeitet, habe ich gelesen, dass er es für wichtig erachtet, dass Männer gegenüber Frauen ihre Wünsche äußern sollen, damit dann darüber verhandelt und die beste gemeinsame Lösung gefunden werden kann. Und er spricht sich auch dafür aus, dass sich nicht nur Männer verändern müssen, sondern auch Frauen. Weil wir nämlich miteinander verbunden sind, sage ich. Weil wir – egal wie viele Geschlechter es aktuell gibt – Menschen sind und tunlichst friedlich-konstruktiv miteinander umgehen sollten. Und tagtäglich versuchen sollten, etwas aus unseren Schubladen zu entfernen und fliegen zu lassen. Diese Freiheit haben wir immer und wir sollten sie nutzen.

Weitere Beiträge von Claudia Dabringer finden Sie hier.

Bilder © Pixabay

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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