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Alte Freundinnen und Freunde sind etwas ganz Großartiges, vor allem weil ihre Gegenwart zeigt, dass die Freundschaft die Vergangenheit überlebt hat. Und die Zukunft gemächlicher ablaufen darf.

Langjährige Freundschaften beweisen ja dann ihre Qualität, wenn man sich trotz Phasen von Abwesenheit hinsetzen und einfach draufloserzählen kann. Ohne sich vorher groß warm reden zu müssen, beispielsweise über das Wetter, die gestiegenen Lebensmittelpreise oder das Alter im Speziellen. Da wird gleich nach dem „Wie geht’s dir?“ Tacheles geredet. Weil man sich sicher ist, dass der oder die andere ganz bestimmt nicht nur aus Höflichkeit fragt, sondern wirklich wissen will, was Sache ist.

Ich pflege zwei Freundschaften, die sich bereits über vier Jahrzehnte erstrecken. Die eine etwas intensiver, weil wir einfach näher beieinander wohnen. Die andere, weil wir uns trotz der Distanz interessanterweise fast immer in ähnlichen Lebensphasen befinden. Dabei könnten unsere Leben nicht unterschiedlicher sein, beruflich, privat, historisch. Und doch waren wir anscheinend füreinander bestimmt, sonst wären wir uns nicht während der Wellentäler des Lebens treu geblieben. Ja, Freundschaften haben etwas mit Treue zu tun, mit Offenheit und der Bereitschaft, sich auf das Leben eines anderen Menschen einzulassen. Egal, wie unterschiedlich die Lebensentwürfe verlaufen.

Wenn ich mir diese beiden Freundinnen anschaue, könnten sie untereinander nicht unterschiedlicher sein. Und ich frage mich von Zeit zu Zeit, wie eine es zustande bringt, viele verschiedene Charaktere im sozialen Umfeld zu integrieren. Immer schon habe ich Menschen bewundert, deren Freundeskreis superkohärent ist. Wo alle die gleichen Interessen haben, die gleichen Urlaubsorte und Restaurants besuchen, manchmal sogar die gleichen Worte benutzen. Bei mir war das nie so. Ich war eine Sammlerin von Originalen, und Originale haben viele Qualitäten, doch integrieren lassen sie sich selten. Außer in mir. Ich hatte keine Probleme damit, sie in meine eigene Persönlichkeit zu integrieren. Doch auch da ändert sich gerade einiges.

Ich stelle fest, dass ich Originale nur mehr selten interessant finde. Also neue. Und selbst bei den „alten“ merke ich meine schwindende Bereitschaft, Kontakte zu pflegen. Weil ich ja weiß, was mich erwartet, und ich mir inzwischen überlege, ob ich die Zeit dafür aufwenden möchte. Interessanterweise fehlt mir durch das Ausschleifen der Originale kaum etwas, weil in gleichem Maße Menschen in mein Leben gekommen sind, die mir ähnlicher sind. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass ich inzwischen weniger auf Ergänzung, vielmehr auf Gleichklang gepolt bin. Ich genieße die Gegenwart von Menschen, die weder mich noch ich sie erobern und überzeugen müssen beziehungsweise muss. Der Moment, in dem ich feststelle, dass jemand ähnlich tickt, ist mir stets ein freudiger und entspannender. Gleichzeitig sind auch jene Freundschaften stärker geworden, die in ähnlichen Gleisen fahren.

Alter willkommen heißen

Ich schreibe das tatsächlich dem Alter zu. Nicht dass ich gefährdet wäre, mir die Lippen zu füllen, den Po aufspritzen oder die Brüste vergrößern zu lassen – mitnichten! Ich bin sehr zufrieden mit meinem Spiegelbild. Doch ich merke schon, dass ich mir lange genug vorgesagt habe, dass ich – verzeihen Sie meine Sprache – zu alt für den Scheiß bin. Und jetzt ist es endlich so weit. Ich kann mir nur mehr beschränkt Dinge anhören, die nichts mit meiner Erlebniswelt zu tun haben. Und diese Erlebniswelt spielt sich viel mehr als früher im Innen ab.

Wenn mir jemand etwas erzählt, das mich berührt, kann ich darüber Stunden nachdenken. Was ich sehr gerne tue, weil ich dann eine Haltung dazu finden darf. Stapeln sich dann aber solche Erlebnisse, fühle ich mich sehr schnell überwältigt. Mein Bauch bläht sich dann auf, als Symbol dafür, dass ich zu viel aufgenommen habe, um es der Reihe nach verdauen zu können. Und wenn ich dann keine Möglichkeit zum Alleinsein finde, werde ich ziemlich unrund. Ja, es ist so weit, ich vermeidet tatsächlich die Orte, wo der blaue Rauch aufsteigt.

Meinen beiden Freundinnen geht es ähnlich. Sie kümmern sich um das, was vor ihren Füßen passiert, weil das im Grunde reicht. Mir ja auch. Nur manchmal denke ich mir, dass ich neuen Input brauche und proaktiv auf die Suche gehe. Nach solchen Expeditionen weiß ich allerdings meistens, dass es leicht auch ohne gegangen wäre. Doch ganz darauf verzichten möchte ich nicht, wie auch meine beiden Freundinnen sich immer noch aus der Komfortzone hinaus wagen. So alt sind wir dann doch nicht!

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Bilder © Pixabay

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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