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Ich bin seit einem Jahr gestaltendes Mitglied einer Facebook-Gruppe, die eine Plattform für Frauen um die Lebensmitte sein möchte. Doch offensichtlich ist diese Mitte aktuell blockiert.

Knapp 600 Frauen haben sich unter dem Titel „Das fantastische Frauenzimmer“ in den vergangenen Monaten versammelt, und darauf sind wir auch sehr stolz. Doch die diversen Aktionen, die wir starten, können diese lebensmittigen Frauen nur bedingt bewegen. Kürzlich haben wir bei einer Redaktionssitzung darüber diskutiert, was wohl hinter dieser nahezu buddha-ähnlichen Ruhe stecken könnte.

Jetzt bin ich ja von Natur aus auch eher der gelassene Typ, gepaart mit einer Pippi-Langstrumpf-Mentalität. Andere Menschen würden mir vermutlich selektive Wahrnehmung vorwerfen können, denn in meiner Welt ist immer alles möglich: die persönliche Weiterentwicklung, das Umsetzen von Ideen, die Gestaltung jedes einzelnen Tages zum schönsten Tag im Leben. Doch meine Kolleginnen haben dieses Mindset kräftig durchgerüttelt. Ihren Beobachtungen nach seien Frauen schwer überlastet, von Arbeitsagenden über Gesundheitsprobleme bis hin zum Sex. Sie hätten das Gefühl, dass das Jonglieren dieser Themen so viel Zeit in Anspruch nehme, dass nicht einmal für ein „Like“ Zeit sei, geschweige denn für einen Kommentar. Und aus diesem Grund sei einfach das Konsumieren von Social-Media-Inhalten das Optimum, was Frauen um die Lebensmitte zu leisten imstande wären. Und dann kam auch noch die selbstkritische Frage, ob wir vier nicht mehr repräsentativ wären, weil wir möglicherweise „zu super“ für unsere Frauen seien.

Ich rede ja schon die ganze Zeit davon, dass in diesem Jahr die Transformation das Überthema ist und dass das bei allem, was uns passiert, mitgedacht werden sollte. Auf der Weltbühne rappelt es an allen Ecken und Enden, aktuell wieder einmal in Israel, buchstäblich gebebt hat die Erde in der Türkei und Afghanistan. Gefühlt sind noch in keinem Jahr so viele Menschen gestorben, die mich auf die eine oder andere Weise begleitet haben. Ich musste mich von musikalischen Held*innen wie Harry Belafonte, Tina Turner und Sinéad O’Connor verabschieden, ebenso von meinem persönlichen Helden, meinem Vater. Bei jedem weiteren Todesfall denke ich mir, dass die jeweilige Person die erwähnte Transformation auf diesem Planeten einfach nicht mehr mitmachen wollte. Und sie ist anstrengend - geschenkt!

super

Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich: Wenn man zu viele Bälle in der Luft hat, fällt der mit dem eigenen Namen als Allererster auf den Boden. Und das ist ganz typisch für Frauen. Erst wenn alle anderen glücklich sind, gestattet frau sich den Blick in den Spiegel, um vom Gesicht abzulesen, was sie denn brauchen könnte. Und nicht selten schreit ihr dann das Wort „Ruhe“ entgegen. Der Wunsch, endlich niemandes Bedürfnisse mehr erfüllen zu müssen. Denn in Situationen wie diesen kann selbst eine einfache Frage, die mit „Kannst du …“ anfängt, einen mittleren hysterischen Anfall auslösen. Nein, manchmal können wir Frauen nicht mehr. Und manchmal wollen wir auch nicht mehr. Weil wir uns selbst vernachlässigt haben.

Wenn es also in unserer Facebook-Gruppe ruhig ist, dann vermutlich auch deshalb, weil viele Mitglieder sich selbst hintanstellen. Sich bei unseren Anregungen denken: „Wann soll ich das noch unterbringen?“ Doch es geht gar nicht darum, einen weiteren Programmpunkt in den proppenvollen Tag zu integrieren, sondern etwas daraus zu ersetzen. Aus Routinen für andere herauszutreten und eigene zu installieren. Dem Umfeld klarzumachen, dass es nichts von einer erwarten kann, wenn sie aufgrund von Energiemangel nichts mehr zu geben hat. Jetzt könnte mir entgegengeschleudert werden, dass es ja noch mehr Energie kostet, für sich selbst einzutreten. RICHTIG! Doch irgendwann begreift es das Umfeld, und dann wird es einfacher und schöner.

In meiner Welt kann eine Frau nie „zu super“ sein, denn Frauen sind von Haus aus super. Weil sie immer versuchen, einen ganzheitlichen Blick auf die Welt zu haben, weil sie immer nach der besten Lösung suchen, immer wollen, dass es ihren Liebsten gut geht. Doch zum Supersein gehört eben auch, auf sich selbst zu achten und sich die Zeit zu geben, die frau braucht. Wofür auch immer. Und das kann eine Frau nie früh genug lernen!

Die gesprochene Version dieses Textes finden Sie hier

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Bilder © Pixabay

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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