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Leben

Was Psychotherapie und Buddhismus verbindet ­– eine Geschichte über mitfühlende Kommunikation.

Der technologische Fortschritt in der Medizin hat viel Positives bewirkt, so stehen zum Beispiel in den Krankenhäusern Hochleistungsgeräte, mit denen lebenserhaltende Maßnahmen durchgeführt werden können. Gleichzeitig klagen viele Ärzte über steigenden Kostendruck. Einer Umfrage zufolge erklärten in Deutschland 61 Prozent der Mediziner, dass sie zu wenig Zeit für Patienten hätten. Diese Erhebung zeigt, dass bei der Technisierung des Gesundheitswesens die menschliche Seite nicht vergessen werden darf. Denn Zuwendung und das persönliche Gespräch können viel zur Heilung beitragen, wie die folgende Geschichte zeigt:


Ein Mann, der aus einem Kriegsgebiet geflohen war, litt immer wieder an Schweißausbrüchen, Erstickungsgefühlen und Herzrasen. Mehrmals im Monat ließ er sich mit dem Rettungswagen ins Spital einliefern. Im Krankenhaus wurde er umfassend untersucht. Körperlich schien alles in Ordnung zu sein, daher wurde der Mann mit Beruhigungstabletten versorgt und schnell entlassen. Die Phasen mit Erstickungsgefühlen und Herzrasen hörten aber nicht auf. Auch der Hausarzt hatte nur ein eingeschränktes Zeitfenster zur Verfügung, da das Wartezimmer immer voll war. In seiner Not suchte der Patient einen Mediziner nach dem anderen auf. Er bekam neue Medikamente verschrieben. Schließlich wurde ihm geraten, es doch mit einer Psychotherapie zu versuchen. Der Mann hatte allerdings wenig Geld. Es dauerte Monate, bis er einen von der Krankenkasse finanzierten Therapieplatz bekam. 

Psychotherapie


Der Therapeut dachte zu Beginn, dass der Heilungsprozess besonders schwierig verlaufen würde, denn der Mann berichtete, dass er unter vielen körperlichen Beschwerden und Panikattacken litt. Im Laufe der Zeit hatten sich die Ängste verselbstständigten und traten auch in ungefährlichen Situationen auf. Doch es kam anders. Die Symptome besserten sich, weil endlich jemand ausführlich Zeit hatte und mitfühlend zuhörte. Hier haben die Psychotherapie und der Buddhismus eine wichtige Gemeinsamkeit. Der buddhistische Mönch Thich Nhat Hanh schreibt, wie wichtig eine mitfühlende Kommunikation ist: „Einfühlsam zuzuhören heißt, so zuzuhören, dass die andere Person das Gefühl hat, dass ihr wirklich mit echtem Verständnis, mit ganzem Wesen zugehört wird – mit dem Herzen.” Um Mitgefühl, Achtsamkeit und einfühlendes Zuhören geht es auch in der Psychotherapie. Der Mann kam wöchentlich in die Therapie und begann, über die traumatischen Ereignisse aus der Vergangenheit, die dramatische Flucht und die Herausforderungen im neuen Land zu sprechen.


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 115: „Rede mit mir!"

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In der Therapie fand der Mann einen sicheren und geschützten Rahmen, in dem er mit den belastenden Begebenheiten in seinem Leben umgehen lernen konnte. Der Therapeut gab ihm Halt und Geborgenheit. Er half dem Patienten, die mit den traumatischen Erlebnissen verbundenen Gefühle und Emotionen wie Ohnmacht, Angst, Trauer und Scham zu bearbeiten. Die Therapie zeigte auch, dass der Mann viele Stärken und Selbstheilungskräfte hatte. Mit der Zeit konnte er besser mit den Ängsten umgehen, der Seelenschmerz wurde kleiner. 

Christian Höller ist Psychotherapeut und Coach in Wien. Er ist zur Verschwiegenheit verpflichtet und darf über keine realen Therapiesitzungen berichten. Er erzählt in dieser Kolumne fiktive Situationen aus dem psychotherapeutischen Alltag. 

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Christian Höller

Christian Höller

Christian Höller, MSc., ist akademisch ausgebildeter Psychotherapeut und Coach in Wien. Seine Fachrichtung ist Integrative Therapie. Seine Praxis befindet sich im vierten Bezirk. Er ist unter anderem spezialiert auf folgende Themen: Achtsamkeit, Spiritualität, Krisen, Burn-out, Lebensbegleitungen...
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