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Leben

Hunger und Armut überwinden, die Klimakatastrophe abwenden und die Welt friedlicher, sicherer und demokratischer machen. Ein Ausblick in die Zukunft.

Wer in den Siebziger- und Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts aufgewachsen ist, müsste als Vierzig- oder Fünfzigjähriger heute längst tot sein. Nukleares Wettrüsten, Waldsterben, Tschernobyl, AIDS – die Prognosen für unsere heutige Zeit ließen nur das Allerschlimmste zu. Es sei unverantwortlich, in diese Welt noch Kinder zu setzen, hörte die junge Generation damals von Lehrern, Politikern und den eigenen Eltern. Die Geburtenrate sank danach tatsächlich, die große Katastrophe blieb jedoch aus.

Umfragen und Studien kommen heute zu einem erstaunlichen Ergebnis: Die allermeisten Deutschen sehen ihr eigenes Leben als gut an und bezeichnen sich selbst als glücklich. Für die generelle und gemeinsame Zukunft sehen sie dagegen schwarz. Bestätigt hat diesen Befund eine Studie des Rheingold-Instituts im Oktober 2020. Danach sagen fast zwei Drittel der Deutschen, dass Deutschland vor einem Niedergang stehe. Die frühere Vision des technologischen Fortschritts steht heute nicht mehr für sozialen Aufstieg und eine bessere Welt. Stattdessen dominiert die Angst vor der Zukunft. Fast neunzig Prozent der in der Rheingold-Studie Befragten fürchten drastische Veränderungen durch Krisen wie Corona und den Klimawandel. Drei Viertel sind der Ansicht, dass „die jüngere Generation es nicht mehr so gut haben wird wie wir“. Sind die Deutschen ein Volk von Zukunftspessimisten?

Es geht uns immer besser

Dabei geht es der Menschheit besser als je zuvor. Lebenserwartung, Bildung und Gesundheit – die Indikatoren des menschlichen Fortschritts haben sich global enorm verbessert. Noch nie in der Geschichte hatten die Menschen mehr Zeit, mehr Bildung, eine bessere Gesundheit und ein höheres Einkommen. In den letzten zwanzig Jahren hat sich der Anteil der in extremer Armut lebenden Menschen weltweit mehr als halbiert. Fast neunzig Prozent der Menschen haben Zugang zu Bildung und können lesen und schreiben. Die Mehrheit lebt heute in einer freien Demokratie mit geschützten Rechten. Selbst Terrorismus, Naturkatastrophen und Kriminalität gehen zurück. Der globale Wohlstand und damit die Chancen für immer mehr Menschen wachsen. In Afrika ist die Lebenserwartung, bezogen auf die Frauen seit 1950 von 37 Jahren auf heute 65 Jahre gestiegen. Bis 2050 wird sie sich der europäischen Lebenserwartung angeglichen haben. Für die zweite Hälfte des Jahrhunderts wird der Höhepunkt des Bevölkerungswachstums erwartet. Danach wächst die Weltbevölkerung nicht mehr, sondern sie sinkt. Der Grund für diese Entwicklung: Immer mehr Frauen haben Zugang zu Bildung und können ihren Lebensunterhalt eigenständig bestreiten. Was wiederum ihren Kindern zugute kommt. Die Kindersterblichkeit hat sich seit 1990 aufgrund des medizinischen Fortschritts und höheren Wohlstands mehr als halbiert. Zuletzt starben weniger als fünf Millionen Kinder jährlich in der Welt. Senken wir sie auf null!

Armut

Die Zukunftswette

Meine Wette ist, dass die Menschheit ihre beste Zeit nicht hinter sich, sondern vor sich hat. Aus fünf Gründen. Erstens: Wir werden zwar älter, bleiben aber kreativ und innovativ. „Überalterung“ und „Überbevölkerung“ sind aussterbende Begriffe. Immer mehr Siebzig- bis Achtzigjährige, wie Joe Biden in den USA, üben Spitzenfunktionen aus. Treiber der demografischen Entwicklung sind der medizinische Fortschritt, die gestiegene Lebenserwartung und ein globaler Wertewandel, der das Thema Lebensqualität in den Mittelpunkt stellt. Zweitens: Die Welt wird friedlicher, weil sie immer mehr zum Dorf wird. Wir leben heute in der sichersten Welt aller Zeiten. Die globalen Konflikte werden weniger. Aus fernen Ländern und aus fremden Gesellschaften werden Netzwerke, die voneinander abhängen. Kriege wie zuletzt im Irak und in Afghanistan wird es nicht mehr geben. Tödlicher als Terrorismus und militärische Gewalt sind heute schlechte Ernährung und Verzweiflung. Drittens: Eine globale Mittelschicht entsteht, die wohlhabender sein wird als alle Generationen zuvor. Eine Welt ohne extreme Armut und Hunger ist damit möglicher denn je. Auch weil die Welt mobiler wird. Laut Weltbank überweisen Arbeitsmigranten jährlich mehr als 500 Milliarden Dollar nach Hause, das entspricht dem dreifachen Betrag der Entwicklungshilfe der Staatengemeinschaft. Viertens: Bis 2030 werden wir den „Carbon Peak“, den Höhepunkt des globalen CO2-Ausstoßes, erreichen. Es wird uns gelingen, die Wirtschaft weltweit bis 2050 klimaneutral zu machen. Wir werden mit erneuerbarer und grüner Energie so viel fliegen und Auto fahren können, wie wir wollen. Die Kreislaufwirtschaft ersetzt die lineare Verschwendungswirtschaft. Fünftens: Die Zahl der Demokratien wird zunehmen. Demokratien führen keine Kriege untereinander, weil sie die Freiheit zur Entscheidung ihren Bürgern und nicht Despoten überlassen, prognostizierte bereits der Begründer der Aufklärung, Immanuel Kant, vor 250 Jahren. Umfragen zufolge sind in fast allen Regionen der Welt emanzipative Werte wie Gleichberechtigung der Geschlechter, Meinungsfreiheit und politische Mitwirkungsrechte auf dem Vormarsch. Frauen übernehmen immer häufiger die Macht. Je höher der Frauenanteil in den Parlamenten, desto niedriger ist die Korruption, so eine Studie der Weltbank. Den höchsten Frauenanteil hat übrigens Ruanda mit 61 Prozent. Deutschland ist mit jetzt 36 Prozent dagegen ein Entwicklungsland. Liberale Systeme sind, das zeigen Patentanmeldungen und Erfindungen wie Impfstoffe gegen Corona und Krebs, lernfähiger und innovativer als autoritäre Systeme und Diktaturen.

Zukunft ist ein unendliches Spiel

Wir haben es in der Hand. Was in und aus der Zukunft wird, hängt von uns ab. Welche Zukunft wollen wir? Rein profitorientiertes Business ist ein „endliches“ Spiel, weil es nur Gewinner und Verlierer kennt. Dagegen sind Familie, Lachen, Liebe, Kunst und Kochen sowie sinnhafte Arbeit „unendliche“ Spiele, die keine Verlierer kennen, sondern nur Gewinner. Zukunft ist ebenfalls ein unendliches Spiel. Wir entscheiden, wie wir spielen. Fair und frei. Wir können aus weniger Armut, Hunger und Klimazerstörung mehr Wohlstand, Frieden und Freiheit machen. Wetten Sie mit?


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 119: „Zukunft gestalten"'

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Dr. Daniel Dettling ist Zukunftsforscher und leitet das von ihm gegründete Institut für Zukunftspolitik. www.zukunftspolitik.de

Tipp zur Vertiefung: Daniel Dettling, Eine bessere Zukunft ist möglich. Ideen für die Welt von Morgen, Kösel 2021

Bild Teaser und Text ©Francesco Ciccolella

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Dr. Daniel Dettling

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Dr. Daniel Dettling ist Zukunftsforscher und leitet das von ihm gegründete Institut für Zukunftspolitik. www.zukunftspolitik.de
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